Gestartet hat die Veranstaltung mit dem Film „Seabird – Das zivile Auge“. Der Dokumentarfilm begleitet die Arbeit des zivilen Aufklärungsflugzeugs der Seenotrettungsorganisation Sea-Watch im zentralen Mittelmeer. Während ihrer Flüge versucht die Crew, Seenotfälle zu finden, Rettungsmaßnahmen einzuleiten und diese aus der Luft zu koordinieren. Besonderer Fokus liegt außerdem auf der Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen im Mittelmeerraum durch die sogenannte libysche Küstenwache.
Welche Handlungen menschenrechtsverletzend sind, erklärte Felix Weiß ausführlich. Zunächst einmal ist wichtig zu wissen, dass der Mittelmeerraum in verschiedene Such- und Rettungszonen (SAR-Zonen) unterteilt ist. Jedes Land ist laut Genfer Flüchtlingskonvention und SAR-Konvention verpflichtet, Menschen in seiner Zone zu retten und an einen sicheren Ort („Place of Safety“) zu bringen. Trotz dieser Regelung wird regelmäßig dokumentiert, dass die libysche Küstenwache Migrant*innen außerhalb der libyschen SAR-Zone abfängt und zurück nach Libyen bringt. Diese Eingriffe außerhalb des eigenen Verantwortungsbereichs sind bereits völkerrechtswidrig. Hinzu kommt, dass Libyen nicht als „Place of Safety“ gewertet werden kann, da Migrant*innen dort Folter, Verfolgung und unmenschliche Behandlungen drohen.
Doch was hat Europa damit zu tun?
Die EU unterstützt Libyen durch Finanzierung und Ausbildung der Küstenwache und unterstützt damit die illegalen Rückführungen von Geflüchteten nach Libyen. Auch Frontex, die Grenzschutzagentur der EU, arbeitet unteranderem eng mit Libyen zusammen. Sie gibt Informationen über die Position von Flüchtlingsbooten an die libyschen Behörden weiter - trotz der dokumentierten Menschenrechtsverletzungen durch die libysche Küstenwache. Die NGOs, die Menschen in Seenot retten, erhalten diese Infos nicht.
Giorgia Meloni, die italienische Ministerpräsidentin, geht sogar noch weiter: Sie traf sich mehrfach mit dem autoritären Warlord Khalifa Haftar, um die Migration über Libyen nach Italien einzudämmen. Das Beispiel Giorgia Meloni zeigt, dass die EU bereit ist, mit umstrittenen Akteuren zusammenzuarbeiten, um Migration zu verhindern – egal, welche Menschenrechtsverletzungen sie begehen.
Für uns war diese Veranstaltung ein wichtiger Beitrag zur Debatte über europäische Migrationspolitik. Wir wollten nicht nur informieren, sondern auch einen Raum für Austausch und Reflexion schaffen. Das große Interesse und das Gespräch im Anschluss zeigen, wie relevant das Thema ist. Unser Ziel bleibt es, weiter kritisch zu hinterfragen, welche sicherheitspolitischen Maßnahmen wirklich nachhaltig sind – und welche auf Kosten der Menschenrechte gehen.